Vor ein paar Jahren hat mir jemand mal gesagt: "Wir fühlen uns erst jetzt (mit 2 Kindern) als richtige Familie, davor waren wir einfach nur ein Paar mit Kind."
Aha.
Danke.
Diese Aussage beschäftigt mich seitdem. Sehr sogar.
Denn: Was bedeutet eigentlich "richtig" oder noch besser "normal"? Sind wir also, mit "nur" einem Kind, keine richtige Familie?
Vor Kurzem habe ich einen interessanten Artikel in der Surprise gelesen, die ich mir alle 2 Wochen kaufe. Darin fiel der Begriff der "hetero-normativen Kleinfamilie", bedeutet: Ehemann, Ehefrau & 2 leibliche Kinder (am besten noch mit Kombi, Haus & Hund - Papa arbeitet, Mama bleibt zu Hause). Es ging darum, dass sich viele Menschen ständig dazu genötigt fühlen, gegen dieses gesellschaftliche Ideal anzukämpfen, weil sie eben nicht diesem "Normalbild" entsprechen, ihm aber gerne gerecht werden würden. Aber warum machen wir uns eigentlich immer diesen Druck?
Ich beschäftige mich seit meinem Soziologie-Studium immer wieder mit dem Begriff "normal": "In der Soziologie bezieht sich ‚normal’ auf das, was in einer Gesellschaft als üblich, gültig & selbstverständlich anerkannt ist, im Gegensatz zu Abweichungen (Devianz). Diese Normalität ist eng an soziale Normen gebunden, die als Regeln & Erwartungen das Zusammenleben strukturieren & Handlungen orientieren. Normalität ist jedoch kein universeller oder statischer Begriff, sondern kulturell & historisch bedingt & kann sich wandeln."
Und wann wandelt sich unser Begriff der "Normalfamilie"?
Inzwischen kenne ich mehr Familien, die "nicht normal“ sind, als solche, die wir als "normal" bezeichnen würden. Ich z.B. kenne folgende "atypische" Familien:
- Paare ohne Kinder (denn ja, auch das sind Familien)
- Eine Freundin von mir lebt mit ihrer Mutter & ihren 2 Katzen zusammen
- Eine andere Freundin ist bei ihren Grosseltern aufgewachsen, ihre Schwester bei der Mama
- Ein weiterer Freund von mir wurde als Baby adoptiert (aus Kolumbien), seine Schwester aus Indien - er selbst hat heute 3 Kinder, jedoch von 3 verschiedenen Müttern, und lebt mit den 3 Mädchen & der „letzten Mutter“ sehr happy zusammen
Ich könnte hier noch x Beispiele nennen.
Familie können aber z.B. auch sein: Nachbarn, Freunde, Geschwister etc.
Manche Eltern sind zusammen, manche getrennt, manche Kinder leben in Patchwork-Familien, mit 2 Mamas oder 2 Papas, bei Oma, Opa, Onkel, Tante, in Pflegefamilien etc.
Mögliche Kinderanzahl: 0, 1, 2, 3, 4... (ich kenne sogar eine Familie mit 15 Kindern)
All das sind Familien!
Auch eine meiner Schwestern, welche Rektorin an einer Stuttgarter Grundschule ist, sagte mir kürzlich, dass der Grossteil der Kinder nicht mehr im "klassischen" Familienmodell lebe.
Again: Die Mehrheit der Gesellschaft bestimmt, was „normal“ empfunden wir.. Und wenn nun aber die Mehrheit der Gesellschaft „nicht normal“ ist? Ist das dann das "neue Normal"?
Text: Marlene
Dieser Text ist eine Abwandlung eines LinkeDin Beitrags welche Marlene ursprünglich auf ihrem Profil veröffentlicht hat.
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